ZURZACH (zk) –Zurn Abschluss
des dreiteiligen Geschichtszyklus sprach Prof. Peter Heinrich von
Wessenberg von der Verflechtung seiner Ahnen mit der Entwicklung des
jungen Kantons Aargau am Anfang des 19. Jahrhunderts.
Anknüpfungspunkt ist der Wessenberg zwischen Mandach und Hottwil.
Man kennt ihn als sanften Hügelzug mit vereinzeIten Waldparzellen.
Auf seiner Sonnen- seite gedeiht ein bodenständiger Wein. Dort stand
im Mittelalter die Burg der «von Wessenberg», welche die Herrschaft
über Hottwil, Mandach, Etzwil und teilweise über Böttstein ausübten.
Doch die Verhältnisse änderten sich, als die Eidgenossen Teile des
heutigen Aargaus eroberten und die Bemer ihre Macht bis Man- dach
ausdehnten. Die Wessenberger gaben ihre Burg auf und beschränkten
sich fortan auf ihre Besitztümer im Elsass, in der Burgunderpforte
und im Breisgau. Die Burg zerfiel und wurde schliesslich ganz von
der Natur überdeckt.
Der Bogen in die Gegenwart
Das
Geschlecht der von Wessenberg hat all die Jahrhunderte überdauert
und mit herausragenden Gestalten auch immer wieder von sich reden
gemacht. Man ist sich der eindrücklichen Familiengeschichte bewusst
und reiht sie in die
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Zusammenhänge ein. Das trifft
im Beson- deren fiir den Referenten des vergangenen Mittwochs,
Prof Peter Heinrich von Wes- senberg zu. Er ist im Vorarlberg
und in der Steiermark aufgewachsen und lebt heute in lnnsbruck.
Seine geisteswissenschaftlichen Arbeiten haben die Kontakte zum
Ursprungsgebiet des Geschlechts in der Schweiz neu aufleben lassen.
Als Ergebnis davon ging unter anderem am 5. Juli das von den
Hottwilern gestaltete Wessenbergfest in Szene. Peter Heinrich von
Wessenberg ist auch der Initiant und Leiter der Wessenberg-Akademie,
welche vor allem der geisteswissenschaftlichen Bedeutung dieses
Adelsgeschlechts nach- geht.
«von Wessenberg,» und die
Schweiz
Mit der Aufgabe der Burg
Wessenberg bei Hottwil hat das Geschlecht «zwar materiell vom
damaligen Aargau Abschied genommen, aber geistig sei die Beziehung
nie abgebrochen, betonte der Referent. Im Gegenteil, im 19.
lahrhundert erlebte der |
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Kontakt
eine starke Neubelebung. Einerseits durch den einflussreichen
Politiker Johann Philipp von Wessenberg ( 1773-1858) und irn
Weiteren durch Ignaz Heinrich von Wessenberg (1774-1860), den
Generalvikar des Bistums Konstanz. Johann Philipp stand als
Staatsmann der Donaumonarchie irn Gegensatz zum Fürsten Metternich,
was vor allem bei der Neugestaltung Europas am Wienerkongress zum
Ausdruck kam. Er pflegte Kontakte zu Heinrich Pestalozzi und teilte
dessen Überzeugung von der Notwendigkeit der Volksbildung irn Geiste
der Aufklärung. Am Wienerkongress leistete er einen Beitrag zur
Bewahrung der positiven Errungenschaften der Französischen
Revolution und zur Abwehr der rückwärts gewandten Kräfte der
Restauration. Davon profitierte nicht zuletzt der junge Kanton
Aargau, dessen Fortbestand rnit Fricktal .1815 gar nicht gesichert
erschien.
Im gleichen Sinne wirkte sein Bruder lgnaz von Wessenberg auf
theologischer
Ebene. Kurz vor Aufhebung des
Bistums Konstanz, dessen Einfluss tief in die Schweiz |
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hineinreichte, machte er
einen umfassenden Reformversuch im Sinne einer liberalisierten
katholischen Theologie. Damit setzte er sich in schroffem Gegensatz
zur päpstlichen Kurie, die ihn von einer weiteren Kirchenkarriere
aus- schloss und zum Häretiker stempelte. Dieser Ignaz Heinrich von
Wessenberg pflegte einen jahrelangen Briefwechsel mit einem
Prominenten der aargauischen Kantonsgründung, mit Heinrich Zschokke.
Ohne Peter Heinrich von
Wessenberg wäre man im Jahre des Kantonsjubiläums wo W kaum auf die
Idee gekommen, den Querbezügen des jungen Kantons Aargau mit jenem
Adelsgeschlecht nachzugehen, das bis ins 15. Jahrhundert hinein in
dieser Gegend ansässig war. So erlebten die Zuhörer eine bis anhin
weitgehend unbekannte, aber deshalb nicht minder interessante
Facette aargauischer Geschichte. |
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