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Die Botschaft - Nr. 139

ZURZACHER ZEITUNG

Samstag, 29. November 2003

Im Zeichen des Kantonsjubiläum
 

Die <<von Wessenberg>> und der Kanton Aargau

ZURZACH (zk) –Zurn Abschluss des dreiteiligen Geschichtszyklus sprach Prof. Peter Heinrich von Wessenberg von der Verflechtung seiner Ahnen mit der Entwicklung des jungen Kantons Aargau am Anfang des 19. Jahrhunderts. Anknüpfungspunkt ist der Wessenberg zwischen Mandach und Hottwil. Man kennt ihn als sanften Hügelzug mit vereinzeIten Waldparzellen. Auf seiner Sonnen- seite gedeiht ein bodenständiger Wein. Dort stand im Mittelalter die Burg der «von Wessenberg», welche die Herrschaft über Hottwil, Mandach, Etzwil und teilweise über Böttstein ausübten. Doch die Verhältnisse änderten sich, als die Eidgenossen Teile des heutigen Aargaus eroberten und die Bemer ihre Macht bis Man- dach ausdehnten. Die Wessenberger gaben ihre Burg auf und beschränkten sich fortan auf ihre Besitztümer im Elsass, in der Burgunderpforte und im Breisgau. Die Burg zerfiel und wurde schliesslich ganz von der Natur überdeckt.

Der Bogen in die Gegenwart

Das Geschlecht der von Wessenberg hat all die Jahrhunderte überdauert und mit herausragenden Gestalten auch immer wieder von sich reden gemacht. Man ist sich der eindrücklichen Familiengeschichte bewusst und reiht sie in die

 

 

 

Zusammenhänge ein. Das trifft im Beson- deren fiir den Referenten des vergangenen Mittwochs, Prof Peter Heinrich von Wes- senberg zu. Er ist im Vorarlberg und in der Steiermark aufgewachsen und lebt heute in lnnsbruck. Seine geisteswissenschaftlichen Arbeiten haben die Kontakte zum Ursprungsgebiet des Geschlechts in der Schweiz neu aufleben lassen. Als Ergebnis davon ging unter anderem am 5. Juli das von den Hottwilern gestaltete Wessenbergfest in Szene. Peter Heinrich von Wessenberg ist auch der Initiant und Leiter der Wessenberg-Akademie, welche vor allem der geisteswissenschaftlichen Bedeutung dieses Adelsgeschlechts nach- geht.

«von Wessenberg,» und die Schweiz

Mit der Aufgabe der Burg Wessenberg bei Hottwil hat das Geschlecht «zwar materiell vom damaligen Aargau Abschied genommen, aber geistig sei die Beziehung nie abgebrochen, betonte der Referent. Im Gegenteil, im 19. lahrhundert erlebte der

 

 Kontakt eine starke Neubelebung. Einerseits durch den einflussreichen Politiker Johann Philipp von Wessenberg ( 1773-1858) und irn Weiteren durch Ignaz Heinrich von Wessenberg (1774-1860), den Generalvikar des Bistums Konstanz. Johann Philipp stand als Staatsmann der Donaumonarchie irn Gegensatz zum Fürsten Metternich, was vor allem bei der Neugestaltung Europas am Wienerkongress zum Ausdruck kam. Er pflegte Kontakte zu Heinrich Pestalozzi und teilte dessen Überzeugung von der Notwendigkeit der Volksbildung irn Geiste der Aufklärung. Am Wienerkongress leistete er einen Beitrag zur Bewahrung der positiven Errungenschaften der Französischen Revolution und zur Abwehr der rückwärts gewandten Kräfte der Restauration. Davon profitierte nicht zuletzt der junge Kanton Aargau, dessen Fortbestand rnit Fricktal .1815 gar nicht gesichert erschien.

Im gleichen Sinne wirkte sein Bruder lgnaz von Wessenberg auf theologischer Ebene. Kurz vor Aufhebung des Bistums Konstanz, dessen Einfluss tief in die Schweiz

 

 hineinreichte, machte er einen umfassenden Reformversuch im Sinne einer liberalisierten katholischen Theologie. Damit setzte er sich in schroffem Gegensatz zur päpstlichen Kurie, die ihn von einer weiteren Kirchenkarriere aus- schloss und zum Häretiker stempelte. Dieser Ignaz Heinrich von Wessenberg pflegte einen jahrelangen Briefwechsel mit einem Prominenten der aargauischen Kantonsgründung, mit Heinrich Zschokke.

Ohne Peter Heinrich von Wessenberg wäre man im Jahre des Kantonsjubiläums wo W kaum auf die Idee gekommen, den Querbezügen des jungen Kantons Aargau mit jenem Adelsgeschlecht nachzugehen, das bis ins 15. Jahrhundert hinein in dieser Gegend ansässig war. So erlebten die Zuhörer eine bis anhin weitgehend unbekannte, aber deshalb nicht minder interessante Facette aargauischer Geschichte.