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© Aargauer Zeitung / MLZ; 2003-06-25; Seite 2 Brugg Wilhelm Tell und der Kaiser kommen HOTTWIL · Der Wessenberg-Tag am 5. Juli verspricht, ein multikulturelles Grossereignis zu werden Vorträge zu geschichtlichen Themen, ein Theater und viel Musik: geboten von hoch qualifizierten Persönlichkeiten für alle, die sich darauf einlassen wollen. Dies wird ein Tag von einer Dichte, wie man sie sonst nicht so leicht antrifft. Und die Vielfalt des Programms weckt hohe Erwartungen.
Beweggründe Etwas vereinfacht kann gesagt werden, dass das Schicksal einer über rund 1000 Jahre fassbaren Familie Anlass zu neuen Zugängen in den Bereichen Geschichte und Kultur bot. Das Geschlecht der ursprünglich im heutigen Aargau beheimateten von Wessenberg hinterliess seine Spuren nicht nur in der Schweiz, sondern ebenso im süddeutschen Raum, im Elsass und in Österreich. In einer ganzen Reihe von Archiven und Bibliotheken aus der beschriebenen Region finden sich Zugänge zu einzelnen Persönlichkeiten aus dem Stamme der von Wessenberg. Diese Tatsache warf bei Historikern die Frage auf, ob es Sinn mache, die Geschichtsschreibung weiterhin an gewisse Grenzen zu knüpfen: Schweizergeschichte, Geschichte des deutschen Adels, Religionsgeschichte. Oder sollte sich nicht am Beispiel derer von Wessenberg eine sozusagen grenzüberschreitende Historie anstreben lassen, zumal sich die unterschiedlichsten gesellschaftlichen Erscheinungen keineswegs an Grenzen halten. Solche Anliegen will die virtuelle «Wessenberg-Akademie» umsetzen, und ihre Träger haben sich vorgenommen, alljährlich eine «Akademie-Sitzung» zu organisieren. Diesmal findet sie in Hottwil statt, wo sich vor Jahrhunderten die Stammburg der Wessenberger befand. Nachmittag: Vorträge Das «Fest am Wessenberg» vom 5. Juli beginnt am Nachmittag um 14 Uhr im Mehrzweckraum der Schule Hottwil. Auf dem Programm stehen verschiedene Vorträge, welche sich allesamt mit den Wessenbergern und ihrem historischen Umfeld befassen. Max Baumann aus Stilli, der mit der Abfassung der Geschichte Hottwils bis zum Jahre 1800 betraut ist, wird «Einblicke in die Werkstatt eines Regionalhistorikers» gewähren. Dann spricht Peter H. von Wessenberg über «Habsburg, Napoleon und der Berner Bär - das Epochenjahr 1803 in der Wessenberg-Literatur». Dabei stellt er die Figur des Johann Philipp Reichsfreiherr von Wessenberg-Ampringen (1773-1858) ins Zentrum seiner Ausführungen. Im Weiteren präsentiert Stephanie King ihre kürzlich erschienene Publikation «Das literarische Leben in Konstanz 1820-1837», eine Zeit, die vom Generalvikar und Bistumsverweser Heinrich von Wessenberg sowie einer Reihe anderer Persönlichkeiten wesentlich beeinflusst war. Aus dem niederösterreichischen Marktort Purgstall wird der Bürgermeister Franz Ressl in Hottwil erwartet. Er stellt seine Gemeinde - auch Purgstall hat einen «wessenbergischen» Hintergrund - als erstes österreichisches Bücherdorf vor und berichtet über damit verbundene kulturhistorische Veranstaltungen. Abend: Festbetrieb Bereits am späteren Nachmittag, um 17 Uhr, wird im Hottwiler Rebberg ein Apéro offeriert. Auf dem Flösserweg geht es dann zum Festgelände am Wessenberg, wo man sich in der Festwirtschaft stärken kann. Ab 19.45 Uhr tritt die Mandacher Brassband auf und intoniert zur Eröffnung des Abends die von Rolf Wehmeier komponierte «Wessenberg-Fanfare». Auch der weitere Verlauf des Abends zeichnet sich immer wieder durch musikalische Einlagen aus, wobei es die Künstlerin Susanne Foucault aus dem Schwarzwald besonders zu erwähnen gilt. Ihre Gesangsdarbietungen unter dem Titel «Eine musikalische Reise in die Vergangenheit» begleitet sie selbst auf der Laute und der Theorbe. Im Zentrum des Abends steht jedoch die von der Hottwiler Theatergruppe unter der Regie von Thomas Senn einstudierte vierteilige Geschichte «Auf der Suche nach dem Wessenberg», in der nebst dem Hofnarren und der Tochter des Langenlohbauern diverse illustre «Gäste» auftreten werden, darunter Wilhelm Tell, Kaiser Rudolf von Habsburg und Kolumbus. Die Aufführung findet bei jeder Witterung unter freiem Himmel statt; passende Kleidung wird deshalb empfohlen. Weitere Informationen zum Wessenberg-Tag sind unter den Adressen www.wessenberg.at und www.200jahreaargau.ch abrufbar. (pbe) DIE VON WESSENBERG Aus dem Aargau stammende, danach süddeutsche Adelsfamilie. Erstmalige Erwähnung im 11. Jahrhundert. Später als die «Herren von Hottwil» und als Habsburger Lehensherren aktenkundig. Im Zusammenhang mit dem Schwabenkrieg zog die Familie in den Breisgau. In den folgenden Jahrhunderten sind Angehörige des Geschlechts in hohen Positionen in Staats- und Hofstellen bezeugt. Der Diplomat Johann Philipp Reichsfreiherr von Wessenberg (1773-1858) setzte sich am Wiener Kongress vehement für die Sicherung der Grenzen des Aargaus ein. DIE WESSENBERG AKADEMIE Die im Juli 2001 gegründete virtuelle Wessenberg-Akademie (www.wessenberg.at) ist eine grenzüberschreitende Geschichtsforschungsstätte, die eine transparente Durchquerung von nationalen Geschichtsschreibungen aus verschiedenen Epochen zum Ziel hat und fördert. Einmal pro Jahr werden Experten zu einer Akademie-Sitzung in einen der historischen Wessenberg-Orte eingeladen; im Juli 2002 war dies Konstanz, am 5. Juli 2003 ist es Hottwil.
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