Buchrezension zu Arneths "Johann Freiherr von Wessenberg" |
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Historischen
Vierteljahrschrift (HV) - Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft
(Erscheinungszeitraum 1898-1937) eine Buchkritik |
Johann von Wessenberg. Von
Hohenlinden bis Kremsier! Die volle Hälfte des 19. Jahrhunderts hindurch
hat Johann Philipp von Wessenberg-Ampringen, der älteste Sohn des
sächsischen Konferenzminister und Prinzenerziehers Philipp Karl von
Wessenberg-Ampringen,
dem Hause Österreich gedient; von den Berichten, die er aus dem
Hauptquartier des achtzehnjährigen Erzherzogs Johann und seines
militärischen Mentors Lauer über den traurigsten aller Feldzüge gegen
Frankreich an Thugut und Colloredo zu senden hatte, bis zu dem
kaiserlichen Patente, durch welches der erste Österreichische Reichstag
von Wien nach Kremsier verlegt wurde, hat er ungezählte diplomatische
Schriftstücke verfasst, von denen nicht wenige zu historischen
Denkmälern von unvergänglicher Bedeutung geworden sind; er hat die
Schlussakte des Wiener Kongresses mit unterzeichnet, er hat bei der
Geburt des Königreichs Belgien Patenstelle vertreten und hat den Mut
gehabt, als Greis von 75 Jahren konstitutioneller Minister der
auswärtigen Angelegenheiten Kaiser Ferdinands des Gütigen im
Revolutionsjahre 1848 zu werden. Neben Metternich und Gentz gehört er
unstreitig zu den interessantesten und geistvollsten österreichischen
Staatsmännern neuester Zeit, interessant ist er schon dadurch geworden,
dass er es verschmäht hat, ein fügsames Werkzeug Metternichs zu sein und
dass er trotz aller Abmahnungen und Drohungen in der Londoner Konferenz
von 1831 seinen eigenen Weg gegangen ist und die österreichische Politik
auf moderne Bahnen zu lenken versucht hat. Kaiser Franz hat ihm dies
sehr übel genommen und war nahe daran, ihn von der Konferenz
zurückzuberufen. Die Anerkennung der Unabhängigkeit Belgiens ohne
Einwilligung des Königs der Niederlande, die Rücksichtnahme auf
Volkswillen und nationale Eigenart war dem bürokratisch veranlagten
Monarchen unerträglich, er nannte das Aktenstück, dem Wessenberg in
seinem Namen zugestimmt hatte, ein "schändliches" und erklärte, dass er
es "zu seinem wahren Leidwesen unterschrieben habe". Sechzehn Jahre
unfreiwilliger Muße musste der hartnäckige Schwabe dafür in den Kauf
nehmen, dass er sich unterstanden hatte, den Ideen Palmerstons größeres
Gewicht beizulegen als den Stimmungen des Wiener Hofes, der ja doch
nicht die Macht hatte, die Beschlüsse der Westmächte zu durchkreuzen.
Das "Stillleben in Freiburg", in der breisgauischen Heimat, wo sich die
Anhänglichkeit an die altangestammten habsburgischen Herren bis auf
unsere Tage erhalten hat, konnte den selbständigen Charakter, der sich
einem Metternich gegenüber bewährt hatte, nur festigen und stützen; als
der diplomatische Pensionist gegen seinen Willen plötzlich an die Stelle
seines einstigen Vorgesetzten berufen wurde, scheute er trotz Alter und
Kränklichkeit nicht vor dem Unternehmen zurück, den Windisch-Graetz und
Schwarzenberg das blutige Konzept ihrer Heillehren für den schwerkranken
Staat zu verderben. Dass es misslang, hat nicht er zu verantworten!
Die Selbständigkeit des Denkens und die Unerschrockenheit in der Vertretung seiner Meinung haben Wessenberg, dessen Begabung weit über das Mittelmaß hinausragte, jene eigentümliche Stellung unter den österreichischen Staatsmännern verliehen, die Alfred von Arneth zu eingehender Beschäftigung mit seinem schriftlichen Nachlasse und zu jener biographischen Arbeit veranlasst hatte, die er der deutschen Geschichtsschreibung kurz vor seinem Hinscheiden als letzte Gabe hinterließ. Er hatte als junger Beamter den greisen Minister persönlich kennen gelernt, ihm war vom auswärtigen Amte der Auftrag zu teil geworden, den offiziellen Nekrolog Wessenbergs für die "Wiener Zeitung" zu schreiben, er hat die "Tagebücher" in das Staatsarchiv aufgenommen, die Wessenbergs Enkel, Graf Blankensee-Fircks, demselben zur Verwahrung übergab. Es lag ihm daher nahe, eine "ausführliche Schilderung des ereignisreichen Lebens" des Mannes zu verfassen, für den ihn eine besondere Sympathie erfüllte; nicht nur "wegen der wirklichen oder vermeintlichen Gegnerschaft" zu Metternich, sondern noch mehr, weil sich in ihm die "einzig dastehende Erscheinung verkörperte, dass ein im Staatsdienst ergrauter und zu hoher Stellung emporgestiegener Mann durch rastlose geistige Arbeit und mannigfache Erfahrung nicht nur zu eigenen Überzeugungen gelangt war, sondern dass er auch, unbekümmert um die nachteiligen Folgen, die dies für ihn persönlich nach sich zog, noch höher Gestellten gegenüber unerschrocken für sie eintrat". Die engen Grenzen einer "Lebensbeschreibung", die Arneth seinem Werke stecken zu müssen geglaubt hat, wurden von ihm nur selten überschritten, fast nur in der Erzählung der Ereignisse, die Wessenberg miterlebt hat, niemals in der Wiedergabe der Urteile, die dieser über Amts- und Zeitgenossen gefällt hat, oder in der Ausbeutung des Materiales, das die Beschäftigung mit der Korrespondenz des in weit verzweigten Beziehungen stehenden Mannes in seine Hände brachte. Die Zurückhaltung, die sich der Direktor des kaiserlichen Haus-, Hof- und Staatsarchivs auferlegen musste, hat ihn daran gehindert, den Stoff, den er zur Bearbeitung gewählt hatte, wissenschaftlich erschöpfend zu behandeln, so dass wir in dem vorliegenden Buche nur eine sehr schätzenswerte Anregung zu weiterer Beschäftigung mit den von Arneth namhaft gemachten Quellen, aber keine abschließende Verwertung derselben erblicken dürfen. Selbst der Persönlichkeit Wessenbergs scheint Arneth nicht so nahe getreten zu sein, dass uns die Einwirkung seines Wesens auf seine Umgebung völlig klar werden könnte. Arneths Diskretion in der Beobachtung hielt ihn davon ab, intime Verhältnisse, in denen sich die Eigentümlichkeiten des Individuums unverhüllt erkennen lassen, zu verfolgen und bloßzulegen. Es fehlt den Gestalten, die er zu zeichnen sucht, die Plastik. Dies ist wohl auch in der Art der Verwertung der Quellen begründet, für die sich Arneth schon in seinem Hauptwerke "Maria Theresia" entschieden hatte und der er auch in seinem" Wessenberg" treu blieb: Er legt dem Leser nur kleine Bruchstücke daraus vor, kein Aktenstück, kaum ein Brief wird wörtlich wiedergegeben, aus den Tagebüchern werden nur einzelne Stellen angeführt, ganze Stücke, in denen zusammenhängende Urteile über Personen und Zustände rückhaltlos ausgeführt werden, nimmt er nicht in seinen Text auf, Beilagen fehlen gänzlich. Ich kann dies nicht ohne aufrichtiges Bedauern bemerken. Weit entfernt davon, die Aufgaben der Geschichtsschreibung auf Aktenedition beschränken zu wollen, und stets bereit, die künstlerische Verarbeitung des historischen Materials als ihre höchste Leistung anzuerkennen, halte ich doch an der Überzeugung fest, dass Zeiten und Menschen nur dann wirklich durchschaut werden können, wenn Ansichten, Stimmungen, Gedanken und Gefühle uns auch in der Form vorgeführt werden, in der sie bei ihrem Entstehen zum Ausdruck gelangt sind. Und was konnte hierzu geeigneter sein, als die Aufnahme von Briefen, Tagebüchern und ähnlichen Aufzeichnungen in die fortlaufende Erzählung. Jedes Kapitel des Arnethschen Buches überzeugt uns davon, dass er mit den Schätzen, die ihm zur Verfügung standen, zu sehr gegeizt hat; von den 90 oder mehr "Cahiers" der eigenen Aufzeichnungen Wessenbergs hätten wir doch eines oder das andere genau kennen lernen wollen, viele Briefe, aus welchen nur einzelne Stellen ausgehoben wurden, wünschten wir unverkürzt lesen zu können. Ist doch nicht einmal das Gespräch, das der aus England in das Hauptquartier der Verbündeten berufene Gesandte am 28. März 1814 in Saint-Dizier mit Napoleon I. führen durfte, in der Ausführlichkeit aufgenommen, in der es Wessenberg selbst niedergeschrieben hat! Ebenso wenig werden wir mit den Vorschlägen genau bekannt gemacht, die Wessenberg über die staatsrechtliche Angliederung und die Verwaltungsform des lombardisch-venetianischen Königreiches seiner Regierung erstattet hat. Die Darstellung des Verlaufes der Verhandlungen über die Neugestaltung Deutschlandes am Wiener Kongress konnte Arneth ersparen, weil sie als bekannt vorausgesetzt werden kann, aber eine ausführliche Entwicklung der Ansichten Wessenbergs über die deutschen Verhältnisse, sein Urteil über die zahlreichen Verfassungsvorschläge, mindestens über diejenigen, die in der deutschen Konferenz besprochen wurden, hätte einen hervorragenden Teil des ersten Bandes bilden müssen. Der von Wessenberg selbst vorgelegte Entwurf einer Bundesverfassung hätte die Grundlage einer Kritik seiner staatsmännischen Einsicht, seiner politischen Richtung bilden können, er wird jedoch mit wenigen Zeilen abgetan, augenscheinlich beiseite geschoben, weil er eben die Kritik der von den österreichischen Diplomaten vertretenen Bestrebungen zu dringend herausgefordert hätte. Der Vorwurf der Parteilichkeit, den Arneth gegen die .Ausführungen Treitschkes über die Haltung der deutschen Mächte in der Verfassungsfrage erhebt, würde vielleicht Eindruck gemacht haben, wenn er selbst partei- und vorurteilslos seinen Wessenberg und noch mehr dessen Chef, Metternich, zu beurteilen versucht hätte; er hat dazu jedoch nicht einmal einen ernstlichen Anlauf genommen und dadurch nicht nur die Pflicht des Geschichtsschreibers überhaupt, sondern auch die des Biographen vernachlässigt. Wir lernen nämlich Wessenbergs Gesinnung und seine .Absichten in der deutschen Frage nicht kennen und werden nicht genügend vorbereitet, um uns die von ihm am 29. Juni 1848 an Schmerling gerichtete merkwürdige Äußerung erklären zu können: "Ich werde immer behaupten, dass die Bundesakte und die Bundesverfassung praktischer waren als Alles, was noch erfunden werden wird. Die erstere enthielt Alles, was Deutschland notthat." Die Erklärung hätte durch eine eingehende Erörterung des Wessenberg’schen Entwurfes gegeben werden können; außerdem wäre es nötig gewesen, alle von ihm herrührenden, nur irgendwo auffindbaren Äußerungen über die Gründung des Bundes zusammenzustellen und in das Buch aufzunehmen, denn die Stellung Wessenbergs in dieser Frage ist jedenfalls entscheidend für die Erkenntnis seines politischen Systems, seines nationalen Fühlens, seiner staatsmännischen Fähigkeiten. Die Denkschriften über die Grenzen Frankreichs gegen Deutschland, über Elsass und Strassburg könnten vielleicht auch manchen sicheren Anhalt dazu gewähren, wenn sie uns unverkürzt mitgeteilt würden. Sollte es die Scheu vor größerem Umfange des Werkes gewesen sein, die Arneth zu allen diesen beklagenswerten Verkürzungen bewog, so war sie gewiss am allerwenigsten dort gerechtfertigt, wo eine reichere Ausstattung mit Originalmitteilungen ohne Zweifel sehr anziehend auf einen weiteren Leserkreis gewirkt hätte. Es ist kaum zu begreifen, dass von den "Charakteristiken hervorragender Zeitgenossen", die Wessenberg nach Arneths Ausspruch "meisterlich zu schildern verstand", auch nicht eine einzige, nicht einmal die gewiss pikante Skizze: "Ein Tag des Herrn von Talleyrand in London" vollständig aufgenommen ist. Am schmerzlichsten aber muss jeden, den Beruf oder Interesse zur Beschäftigung mit der neuesten österreichischen Geschichte leiten,. die Beschränkung berühren, zu der sich Arneth in der Darstellung des letzten ereignisvollen Lebensabschnittes seines Helden zwingt. Die Geschichte des Ministeriums Wessenberg (2. Juni bis 22. November 1848) wird in den letzten Kapiteln des zweiten Bandes nur in den äußersten Umrissen angedeutet; sie muss erst geschrieben werden. Man wird die erste Regierungszeit des Kaisers Franz Josef nicht richtig beurteilen können, solange die seinem Regierungsantritte vorangegangenen Kämpfe nicht aufgeklärt und die Umstände nicht nachgewiesen sind, durch welche das System Windisch-Graetz und Schwarzenberg zur Herrschaft gelangt ist. Damals war Wessenberg der einzige unter allen Dienern des Kaiserhauses, der die zukünftige Aufgabe und die Bedeutung Österreichs unter den europäischen Staaten annähernd richtig erfasst hat und vielleicht imstande gewesen wäre, eine verständige Politik nach außen und innen einzuleiten. Auch Radetzky hat er in der Auffassung der italienischen Angelegenheiten übertroffen, sowie er die Fehler, die unter Windisch-Graetz in Wien und in Ungarn gemacht wurden, in ihrer vollen Tragweite sofort gekennzeichnet hat. Die Briefe und Akten, die Arneth im Staatsarchive benutzen konnte, werden wahrscheinlich nicht genügen, um den Sturz Wessenbergs vollkommen begreiflich zu machen; aber es werden sich noch Ergänzungen in Privatarchiven und Sammlungen finden, denen die nächsten Generationen manche Enthüllung verdanken werden, nach der wir heute vergeblich verlangen. Arneth hat die Grenzen, die ihm als Direktor des Staatsarchivs hinsichtlich der Ausbeutung der Quellen zur neuesten österreichischen Geschichte vorgezeichnet waren, auch bei der Benützung der ihm vom Grafen von Meran und Herrn Dr. Victor Trotter in Wien zugänglich gemachten Schriften eingehalten. Ich glaube, dass dies ebenso taktvoll als wissenschaftlich begründet war. Die Ungleichartigkeit in der Behandlung seines Gegenstandes, das Missverhältnis zwischen der Offenheit und Rückhaltlosigkeit auf der einen Seite und der not- wendigen Reserve auf der anderen hätte den einheitlichen Charakter des Werkes, den der Verfasser mit so großen Opfern erkauft hat, ungenehm gestört, die Unvollständigkeit der Forschung wäre noch auffallender hervorgetreten. Im gräflich Meran’schen Archiv zu Graz, wie in der eisenbeschlagenen, seit dem Tode des Marschalls unberührt gebliebenen Truhe im fürstlich Windisch-Graetzschen Hausarchiv zu Tachau, dessen hinterlassene Papiere enthält, ohne Zweifel auch bei Schwarzenberg, Fürstenberg und anderen Familien unseres hohen Adels werden ebenso interessante und für die Geschichte Österreichs unentbehrliche Denkmäler jener bewegten Zeit verwahrt sein.... Im folgenden Text der Buchbesprechung sind leider Fehler, die daher schon an diesem Platz von den tatsächlichen "letzten Sprossen der Wessenberg" korrigiert werden müssen. Hans von Zwiedineck setzt seine Besprechung fort mit der Bemerkung: ....wie sie Herr Dr. Trotter, der Rechtsbeistand des 1866 gestorbenen Sohnes des Ministers, zugleich des letzten Sprossen der Wessenberg, in seiner Registratur aufbehalten hat. Diese Feststellung ist historisch unrichtig, da es sich, wenn schon nicht um den Sohn sondern um den Enkel von Johann v. Wessenberg, Philipp, handelt und bei dieser Person steht in der Erbfolge sein Neffe Peter Maria (geb 1858 i. Paris), dessen von Philipp eingesetzter Vormund Dr. Trotter war. Eine der wichtigsten Quellen ist leider für immer versiegt; die umfangreiche Korrespondenz der Gemahlin Ferdinands I., der Kaiserin Maria Anna, wurde nach ihrem Tode infolge ihrer eigenen Anordnung vernichtet, weshalb der liebens- würdige Brief an Wessenberg, den Arneth der Trotter'schen Sammlung .... Hier wird wieder festgestellt, dass diese so genannte Trotter'sche Sammlung eine falsch verstandene Verwaltung vom Wessenberg'schen Erbe war. Trotter hat sich infolge der Minderjährigkeit des Universalerben Peter Maria Unterlagen zu eigen gemacht, die die Familie später aus den Händen Trotters Sohnes teilweise retourniert erhielt.
entnehmen und (II,
293) in deutscher Übersetzung abdrucken konnte, eines der seltenen
Zeugnisse der edlen Gesinnung und des Gemütes dieser hohen Frau bleiben
wird. Dem Besitze Dr. Trotters,
siehe letzte Bemerkung! Die Familie hat Ende des 20. Jahrhunderts die meisten Stücke dieser "Wessenbergiana" der Österr. Nationalbibliothek übergeben...
dessen gütiger Erlaubnis ich die Benützung des Wessenberg'schen Nachlasses zu danken habe, entstammt auch der Brief des Königs Leopold von Belgien vom 28. Mai 1856 {II, 179), in dem der erlauchte Schreiber der Leiden gedenkt, die Wessenberg wegen seiner Verdienste um die Lösung der belgischen Frage auf sich nehmen musste. Alles andere hat Arneth unberücksichtigt gelassen, darunter 18 Briefe des Erzherzogs Johann aus den Jahren 1851-1856, 3 Briefe des Erzherzogs Stephan aus seinem Exil in Schaumberg, von denen namentlich der erste, vom 24. Oktober 1851, noch zu verwerten sein dürfte. Nicht ohne Interesse ist auch ein Schreiben des Freiherrn Karl von Kübeck vom 24. Juni 1851, ein Schreiben des Grafen Moriz Dietrichstein vom 11. Juli 1855, ein brieflicher Exkurs des Lord Stanhope über Seelenwanderung. Aus der Kongresszeit finden sich mehrere Aktenstücke von Bedeutung, deren Inhalt jedoch größtenteils schon bekannt geworden ist, darunter die Cahiers "Reclamations du Pape", "Jsles Joniennes", "Question Saxonne", "Affaires de la Pologne" und eine Bleistiftskizze von Wellingtons Hand: "Un traite entre l'Autriche et la France sur Naples". Ein Konvolut "Germanica 1849" enthüllt Schriftstücke, welche die Neugestaltung Deutschlands und die letzten Verhandlungen des Reichsverwesers mit dem Ministerium Schwarzenberg betreffen. Sie dürften vom Legationsrat Georg v. Jsfordink, dessen Briefwechsel mit Wessenberg 1877 veröffentlicht wurde, an diesen gesendet worden sein, da Jsfordink nach dem Sturze des Ministers, dessen vollstes Vertrauen er sich erworben, den er am 6. Oktober vor dem Schicksale Latours bewahrt hat, vorübergehend in der österreichischen Gesandtschaft beim "Deutschen Reiche", d. h. bei der vom Reichsverweser gebildeten Regierung Beschäftigung gefunden hat. Ich kann heute nicht feststellen, was von diesen Akten bereits bekannt geworden ist, da ich die dazu erforderliche Untersuchung im Zusammenhange mit anderen Studien über den Ausgang der deutschen Bewegung 1848 bis 1849 vorzunehmen gedenke; von manchen derselben sind ohne Zweifel nicht unerhebliche Aufschlüsse zu erwarten. Es wird sich aus ihnen nachweisen lassen, dass es damals unter den österreichischen Politikern eine Partei gegeben hat, die eine ehrliche Auseinandersetzung mit Preußen und die Anerkennung der preußischen Führung in einem aus reindeutschen Staaten gebildeten Verbande angestrebt hat. Erzherzog Johann und Wessenberg waren die Persönlichkeiten, die zur Durchführung dieser Ideen geeignet und jedenfalls auch geneigt gewesen wären. Es wird die Aufgabe einer noch ausständigen, bisher auch kaum ermöglichten und zulässigen Forschung sein, die Umstände nachzuweisen, unter welchen es dem Fürsten Felix von Schwarzenberg möglich geworden ist, den Kaiser Franz Josef von jeder Berührung und Verständigung mit dieser Partei fernzuhalten und ihr jeden Einfluss auf die österreichische Politik in Deutschland zu verwehren. Als sich Schwarzenberg ein Jahr später selbst dazu gedrängt fühlte, den Ausgleich mit Preußen zu suchen, waren die Verhältnisse derart verschoben, dass die Grundlagen für eine friedliche Lösung der Verwicklung nicht mehr geschaffen werden konnten. Wessenberg würde den vermeintlichen Sieg von Olmütz freilich nicht gewonnen haben; aber Solferino und Königgrätz wären Österreich erspart geblieben, wenn Männer seiner Richtung die Politik des Kaiserstaates geleitet hätten. Graz, Hans v. Zwiedineck. |